Ausgewählter Beitrag
Mein persönlicher Tiefpunkt
Meinen persönliche Krise wurde durch ein Ereignis während meiner Dienstzeit ausgelöst.
Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres gab es einen Suizid auf unserem Wohnbereich.
Gleich zu Dienstbeginn. 6.12 Uhr morgens.
Mehr kann und darf ich auf Grund meiner Schweigepflicht dazu nicht schreiben.
Ist auch nicht notwendig.
Zwar sah ich das damals als Ursache für
meine lange Erkrankung an, aber rückblickend gesehen, war das nur der
Stein, der das Fass zum überlaufen brachte.
Natürlich *kaute* ich an dem Suizid, in den Folgetagen merkte ich aber schon, daß mit mir etwas nicht stimmte.
Ich
wollte nicht als Fachkraft alleine auf der Wohnebene sein. Es fühlte
sich einfach nicht gut an. Machte mir Angst... Panik regelrecht.
Aber: Ich bekam immer von allen Seiten erzählt, was ich für eine starke Frau sei... Und das mich nichts umhauen könnte.
Das
Klischee musste ich doch erfüllen, also Zähne zusammen beißen und
durch. Panik, pah, die passte nicht zu mir und musste demzufolge
verdrängt werden.
Geht alles.
Nur: Der Körper sucht sich sein Ventil...
Ich fuhr morgens zur Arbeit und je näher ich meiner Arbeitsstelle kam um so elender wurde mir. Regelrecht zum Kotzen.
Ich musste mich zwingen das Haus zu betreten.
Eine Kollegin sagte damals zu mir, ich solle mal eine Auszeit nehmen, mal zum Hausarzt gehen und mich krank schreiben lassen.
Aha. Und warum?
Weil mir aus irgendwelchen Gründen zum Kotzen war, ich Angst hatte, ja Panik und den Grund selbst lächerlich und albern fand???
Trotzdem
ging ich zum Hausarzt. Und anstatt ich dem was erzählte, warum ich da
war, bekam ich an der Anmeldung schon einen Heulkrampf. Von wegen stark.
Das war mir damals so peinlich. Ich bekam eine Krankmeldung für drei Wochen. Konnte ich gar nicht verstehen.
Die Tage zu Hause waren geprägt von Unzufriedenheit. Ich kam mit mir selbst nicht klar. Meiner Ansicht nach war ich wegen *nichts* krank geschrieben. Ich durfte alles machen, was mir guttat. Urlaub sozusagen.
Ich
wollte diese Krankschreibung nicht akzeptieren, war andererseits auch
nicht in der Lage meinen Dienst aufzunehmen. Es reichte schon wenn ich
in die Nähe meiner Dienststelle kam: Übelkeit, Erbrechen, Angst bis hin zur Panik.
Normal ist irgendwie anders.
Nach den drei Wochen ging es mir nicht besser und nicht schlechter.
Meine Alpträume kamen jede Nacht. Ich erlebte den Suizid jede Nacht aufs Neue, mit den entsprechenden Geräuschen... Ich hatte schon Angst verrückt zu werden.
Mein Hausarzt schrieb mich weiter krank. Er gab mir eine Adresse mit. Dort sollte ich mich melden und um einen Termin ersuchen. Die sind da Experten...
Bis zu dem Termin würde er mich auf jeden Fall weiter krank schreiben.
Das sah ich ja einerseits ein. Mit meinen Ängsten war ich nicht unbedingt diensttauglich, aber krank? Ich fühlte mich wie ein Simulant, war sauer und wütend auf mich.
Die Adresse war die *Trauma-Ambulanz* der Uni-Gießen.
Na ja, sooooo schlimm ist es auch nicht.
Ich bekam meinen Termin, ziemlich schnell sogar.
War auch gut so. Ich wollte schon wieder absagen, weil es mir doch eigentlich... besser ging.
Dort angekommen, gab es erst mal Fragebögen zum Ankreuzen, was man für Beschwerden hat...
Jepp, ich hab angekreuzt... Die starke Frau, ohne Schwächen hat angekreuzt...
Meine Panik waren plötzlich nur noch undefinierbare Angstgefühle und die Übelkeit/Erbrechen lag bestimmt an meinem Fahrstil...
Zum Glück gab es noch ein sehr langes Gespräch. Eigentlich war es ein Ausfragen. Es ging um Kindheit, Eltern, Geschwister, Ehe, eigene Kinder, berufliche Situation.
Salopp ausgedrückt: Ich hab überall ordentlich Punkte gesammelt...
Irgendwann legte der Traumatherapeut sein Schreibzeug weg und schaute mich an.
Und dann sagte der doch glatt: Also mich wundert das nicht, das es Ihnen so geht wie es Ihnen geht.
Er meinte dann noch, er würde mir jetzt einen Vorschlag machen, von dem er sich meine Reaktion schon ausmalen könnte, allerdings würde er es trotzdem tun.
Er bot mir eine ambulante Traumatherapie und - und das würde er bevorzugen - eine stationäre Therapie über einen Zeitraum von minimum 8 Wochen.
Ich hab dann gefragt, ob sie Betten frei hätten... Stationäre Therapie.... Wegen was denn??? Kommt ja gar nicht in Frage.
Ich sollte mir das Ganze nochmal durch den Kopf gehen lassen, vielleicht mit jemanden der mir nahe steht besprechen und dann einfach nochmal anrufen.
Wir vereinbarten einen Telefontermin eine Woche später..